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Kaiserschnitt – wann ist er notwendig?

Text: Kirsten Hemmerde
Er gehört zu den häufigsten Operationen in Deutschland: der Kaiserschnitt. Wann sollte dieser Eingriff durchgeführt werden und gibt es Alternativen?

Die meisten Frauen wünschen sich eine natürliche Geburt. Rund 30 Prozent aller Kinder kommen jedoch hierzulande per Kaiserschnitt auf die Welt. Diese Quote liegt deutlich über dem Idealwert der internationalen Weltgesundheitsorganisation WHO von 15 Prozent. Das hat verschiedene Gründe, erklärt Dr. Susanne Peschel, Chefärztin der Gynäkologie und Geburtshilfe am St. Bernward Krankenhaus in Hildesheim: „Zum Beispiel bekommen immer mehr Frauen, die älter als 35 Jahre sind, Kinder, dadurch steigt die Zahl der Risikogeburten.“ Zugenommen hat auch die Zahl der Kaiserschnitte, die medizinisch nicht immer zwingend notwendig sind – wie zum Beispiel bei einem schweren Kind oder bei Beckenendlage. Ebenso gibt es vermehrt Schwangere, die aus persönlichen Gründen einen Kaiserschnitt wünschen.

Das passiert bei einem Kaiserschnitt

Ein Kaiserschnitt ist eine Operation mit diesen Schritten: Die Schwangere legt sich auf den Rücken und erhält einen Blasenkatheter. Der Bauchbereich wird gereinigt und desinfiziert. Zudem wird am Oberkörper der Mutter aus hygienischen Gründen ein Tuch aufgehängt. Nun folgt die Narkose. Meist wird dabei eine örtliche Betäubung angewendet. Das hat den Vorteil, dass die Schmerzen nicht zu spüren sind und die Schwangere die Geburt bei Bewusstsein miterleben kann. Ist ein Notkaiserschnitt erforderlich, erfolgt in der Regel eine Vollnarkose. Denn diese Betäubung wirkt deutlich schneller. Nun setzt der Chirurg einen Schnitt am Unterbauch. Er öffnet die Gebärmutter und holt das Kind heraus. Während das Baby versorgt wird, entfernt der Arzt den Mutterkuchen. Zuguterletzt wird der Schnitt wieder vernäht. Immer häufiger angewandt wird die sogenannte Misgav-Ladach-Technik. Dabei durchschneidet der Chirurg weniger Hautschichten, sondern er dehnt und reißt sie.

 

Eine Kaiserschnitt-OP dauert in der Regel nur wenige Minuten | Bild: Jonathan Borba, Pexels

Aus welchen Gründen muss ein Kaiserschnitt durchgeführt werden?

Es gibt verschiedene Situationen, die zwingend für einen Kaiserschnitt sind. Einige dieser Fälle sind durch Vorsorgeuntersuchungen vorhersehbar, so dass es zu einem geplanten Kaiserschnitt kommen kann. Einige Risiken können jedoch sehr plötzlich und unvorhergesehen auftreten, so dass dann schnellstmöglich ein ungeplanter Kaiserschnitt durchgeführt wird.

Diese Gründe sind zwingend für einen Kaiserschnitt:

• Das Baby liegt quer, so dass eine vaginale Geburt unmöglich oder sehr risikoreich wäre.
• Größen-Missverhältnis: Der Kindskopf ist deutlich zu groß, um durch das Becken der Mutter zu passen.
• Akute Schwangerschaftsvergiftung (HELLP-Syndrom).
• Der Mutterkuchen löst sich (vorzeitig) von der Gebärmutterwand.
• Das Baby wird nicht richtig mit Sauerstoff versorgt (Fetale Azidose)
• Die Mutter leidet unter Schwangerschaftsbluthochdruck und hat Krampfanfälle (Eklampsie).
• Es kommt zu einem Nabelschnurvorfall.
• Die Gebärmutter ist eingerissen oder droht einzureißen.
• Schwere Erkrankungen der Mutter.

Wann ist ein Kaiserschnitt nicht zwingend notwendig?

In vielen Fällen wird ein Kaiserschnitt empfohlen, auch wenn er nicht unbedingt notwendig ist. Hier spricht man von einer relativen Kaiserschnitt-Indikation. Einige dieser Situationen können erwartet vor der Geburt bekannt sein, so dass ein Kaiserschnitt geplant wird. Andere treten plötzlich auf, dann ist ein ungeplanter Kaiserschnitt erforderlich.

In diesen Fällen wird oft zu einem Kaiserschnitt geraten

• Es werden Drillinge erwartet
• Bei einem Geburtsstillstand.
• Das Baby liegt in Beckenendlage.
• In einer vorhergehenden Schwangerschaft gab es einen Kaiserschnitt.
• Die Herztöne des Kindes sind auffällig unter der Geburt.
• Die Geburt dauert sehr lange und die Mutter ist stark erschöpft.
• Becken der Mutter und Größe des Kindes passen nicht zusammen.
• Das Kind wird voraussichtlich mit über 4.500 Gramm auf die Welt kommen.

Was ist mit einem Wunschkaiserschnitt?

Einige Schwangere wünschen einen Kaiserschnitt, obwohl keine medizinischen Gründe vorliegen. Dann müsste der Eingriff eigentlich selbst bezahlt werden. Oft lassen sich im Gespräch mit dem Arzt jedoch Gründe finden, die diese Operation rechtfertigen. Das kann beispielsweise die Angst vor Schmerzen oder Folgen wie Inkontinenz sein oder die Erfahrung von Geburtsbeeinträchtigungen bei Kindern. Allerdings sind die Folgen eines Kaiserschnittes nicht zu unterschätzen und sollten in einem solchen Gespräch immer auch thematisiert werden. Schließlich ist der Kaiserschnitt eine Bauchoperation mit Risiken wie hohem Blutverlust, Infektionen, Wundheilungsstörungen oder Auswirkungen auf folgende Schwangerschaften. Auch für auf diesem Weg geborene Kinder sind Komplikationen möglich. Direkt nach der Geburt sind das Probleme bei den Atemwegen, im Stoffwechsel, beim Blutdruck, in der Temperaturregulation und im Fütterverhalten. Langzeiteffekte betreffen zum Beispiel das Immunsystem. Kaiserschnittbabys sind signifikant häufiger gegen Nahrungsmittel allergisch, leiden öfter unter Atemwegserkrankungen und haben ein um etwa 20 Prozent erhöhtes Risiko, Asthma bronchiale zu entwickeln.

Du bist dir unsicher? Suche das Gespräch

Dir wird ein Kaiserschnitt empfohlen, aber es liegt kein zwingend notwendiger medizinischer Grund vor? Wenn du dir unsicher bis, auf welchem Weg du dein Baby zur Welt bringen möchtest, solltest du das Gespräch mit Experten suchen. Frag ruhig in einem anderen Krankenhaus nach oder tausche dich mit deiner Hebamme aus. Viele Kliniken setzen auf Konzepte, um Kaiserschnitte zu vermeiden. So hat das auch Katharina Mink gemacht: „Als wir erfahren haben, dass Elisa in der Beckenendlage liegt, dachten wir sofort, dass ein Kaiserschnitt unumgänglich wäre“, so die Mutter. Sie hat ihr Kind im St. Bernward Krankenhaus zur Welt gebracht. Diese Klinik hat einen Expertinnenstandard zur Förderung der Physiologischen Geburt eingeführt. Das Ziel: Schwangere Frauen sollen durch Unterstützungs- und Beratungsangebote dazu ermutigt werden, auf natürlichem Wege zu gebären. „Eine ausführliche und individuelle Beratung werdender Eltern ist immer wichtig, vor allem aber in besonderen Situationen wie der Beckenendlage“, erklärt Dr. Susanne Peschel. Natürlich könne einem niemanden die Entscheidung ‚Natürliche Geburt oder Kaiserschnitt‘ abnehmen, so Katharina Mink. „Aber die Erfahrung der Hebammen und auch die ausführlichen Untersuchungen konnten uns viele Ängste nehmen.“ So hatte sie schließlich eine normal verlaufende natürliche Geburt.

Bild Slider: Unsplash

ÜBER Kirsten Hemmerde

Kirsten kennt als Mama von zwei Jungs sowohl die schönen als auch die chaotischen Seiten des Familienlebens. Die gelernte Journalistin wohnt mit ihrer Familie im Ruhrgebiet, urlaubt gerne in Holland und genießt es, mit ihren Kindern in die bunte Welt aus Bausteinen, Büchern und Basteleien einzutauchen.

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