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Dyskalkulie – was tun bei Rechenschwäche?

Text: Kirsten Hemmerde
Zahlen begleiten uns von kleinauf. Wenn schon in der Kita oder in der Grundschule das Erkennen der Werte oder kleiner Aufgaben schwerfällt, kann Dyskalkulie dahinter stecken. Hier erfährst du alles über die Rechenschwäche.

Zahlen, Zahlen, überall Zahlen. Ob Uhrenlesen oder Preisvergleich im Supermarkt, ob das Addieren einer Rechnung oder hochkomplexe Formeln:  Ziffern und Zahlen begegnen uns ständig im Alltag. Doch für einige Kinder ist der Umgang damit eine große Hürde. Denn sie sind von Dyskalkulie betroffen. Hinter diesem Begriff verbirgt sich eine Rechenschwäche, die das Verständnis für Zahlen und mathematische Konzepte beeinträchtigt. Frühzeitige Unterstützung und spezielle Förderung sind entscheidend, um diesen Kindern zu helfen.

Was ist Dyskalkulie?

Wie viele Legosteine sind in diesem Stapel? Liegt mehr Geld in meiner rechten oder der linken Hand? Wenn Kinder bei anscheinend einfachen Rechenaufgaben oder Mengenvergleichen stocken, lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Denn das kann ein erster Hinweis auf eine Rechenschwäche sein:

  • Die sogenannte Dyskalkulie ist eine Lernstörung und fällt meistens schon früh auf.
  • Betroffene haben Schwierigkeiten zum Beispiel beim Zählen und Rechnen – das kann die Grundrechenarten, das Einmaleins oder auch Textaufgaben betreffen.
  • Auch das Verstehen von Zahlenverhältnissen, die Zeit- und Raumwahrnehmung sowie das Lösen mathematischer Probleme fällt ihnen schwer.
  • Hinzu kommen oft – vor allem im Schulalter – Ängste sowie Vermeidungsstrategien.

Diese Rechenstörung tritt gar nicht so selten auf. Etwa fünf Prozent der Bevölkerung sollen unter Dyskalkulie leiden.

Das sind die Symptome

Wenn zu Beginn das Zählen noch stockt oder das Uhrenlesen schwer fällt, muss das nicht gleich ein Zeichen für einen Rechenschwäche sein. Oft helfen Geduld und Üben. Zeigen sich jedoch grundlegende Probleme beim Abzählen oder mit Verhältnissen, ist genaues Hinschauen ratsam. Denn die Anzeichen für eine Dyskalkulie zeigen sich früh.

  • Kindergarten:  Bei Würfelspielen kannst du schauen, wie leicht es deinem Kita-Kind fällt, die korrekte Augenzahl vorwärts zu ziehen. Beim Einkaufen kann es kleine Rechenaufgaben übernehmen („Ich möchte zwei Äpfel für dich und drei für mich kaufen – wie viele sind das insgesamt?“). Treten hier fortwährend Schwierigkeiten auf, lohnt es sich, einen Experten hinzuzuziehen.
  • Grundschule: Nun startet der Mathematikunterricht. Oft bemerken die Lehrer schnell, dass Rechenschwierigkeiten das Kind belasten. Plus- und Minusrechnen werden verwechselt,  Zahlen können nicht benannt werden oder die Kinder rechnen noch sehr lange mit ihren Fingern.
  • Weiterführende Schule: Da das grundlegende Verständnis für Mathematik und Rechnen fehlt, haben betroffene Kinder auf der weiterführenden Schule oft große Probleme im Mathematikunterricht. Denn hier bauen die Stunden auf dem Wissen der Grundschulzeit auf.

Welche Ursachen stecken hinter Dyskalkulie?

Es ist noch nicht abschließend geklärt, was genau eine Rechenschwäche verursacht. Bei Untersuchungen zeigte sich, dass die Hirnregionen, die für das Rechnen verantwortlich sind, bei den betroffenen Personen nicht ausreichend aktiv sind. Ebenso besteht ein erhöhtes Risiko für Dyskalkulie, wenn

  • bereits ein naher Angehöriger eine Lernstörung hat,
  • das Kind frühkindliche Hirnstörungen hatte,
  • es Probleme im familiären oder schulischen Umfeld gibt,
  • das Kind auch eine Lese-Rechtschreibstörung hat.

Wie wird eine Rechenschwäche diagnostiziert?

Mögliche Rechenschwierigkeiten bei Kindern sollten schnellstmöglich abgeklärt werden. Denn die frühzeitige Erkennung von Dyskalkulie ist entscheidend, damit rechtzeitig Unterstützung und Förderung organisiert werden können. Bemerken Eltern, Erzieher  oder Lehrer Symptome, ist ein Spezialist für Lernschwächen der richtige Ansprechpartner. Das sind zum Beispiel ausgebildete Psychiater oder Psychotherapeuten. Für ihre Untersuchung nutzen die Mediziner verschiedene Bausteine:

  • Gespräch: Hier spricht der Experte mit dem Kind und den Eltern über Herausforderungen. Themen sind sowohl die Rechenschwäche wie auch Probleme im Alltag, die Familiensituation oder eventuelle Entwicklungsverzögerungen. Auch Beobachtungen von Lehrern – wie zum Beispiel Herausforderungen im Matheunterricht oder ein ungewöhnliches Sozialverhalten – können hier zur Sprache kommen.
  • Tests: Ein Intelligenztest zeigt, ob das Kind eine normale Auffassungsgabe besitzt. Mit einem Rechentest wird der Stand der Rechenfähigkeiten ermittelt. Liegt diese Kompetenz deutlich unter dem durchschnittlichen Stand der Alters- oder Klassenstufe, ist das ein Zeichen für Dyskalkulie.
  • Leitlinie: Für die Diagnostik und Behandlung der Dyskalkulie gibt es standardisierte Verfahren. Die S3-Leitlinie informiert über das Profil der Rechenstörung, empfiehlt auch körperliche und neurologische Untersuchungen und macht Vorgaben für die ideale Therapie.

Behandlung und Unterstützung bei Dyskalkulie

Eine Rechenschwäche ist nicht heilbar und es gibt auch keine Medikamente dagegen. Reines Üben oder Pauken der Mathematik hilft nicht, vielmehr bedarf es einer gezielten Therapie. Viele Betroffene erzielen Dank einer solchen individuellen Förderung gute Fortschritte:

  • Dyskalkulie-Therapie: Therapeuten, Vereine, Verbände oder Lernzentren unterstützen bei Dyskalkulie. Sie haben spezielle Lernmethoden. Schaut dabei genau auf die Qualifikation, denn bislang existiert kein anerkanntes Berufsbild für Dyskalkulie-Therapeuten. Empfehlungen findet ihr zum Beispiel beim Bundesverband Legasthenie & Dyskalkulie. Eine passgenaue Therapie ist besonders erfolgsversprechend, leider jedoch auch oft teuer. Denn nur unter bestimmten Umständen übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung die Kosten.
  • Schule: Auch die Lehrer sollten in die Behandlung eingebunden werden. Mit ihnen sind Absprachen möglich, sodass das Kind mehr Zeit für die Aufgaben oder leichtere Fragen erhält. Unterstützung erhalten Lehrkräfte zum Beispiel mit Unterrichtshilfen.
  • Weitere Förderung: Wird die Rechenschwäche von weiteren Herausforderungen wie Sprachproblemen, Haltungsproblemen oder psychischen Auffälligkeiten begleitet, unterstützen hier Experten wie Logopäden, Ergotherapeuten oder Psychologen.

Auf die Eltern kommt es an

Der wohl wichtigste Faktor bei der Behandlung der Dyskalkulie sind die Eltern. Es hilft den betroffenen Kindern, wenn Papa und Mama diese Rechenstörung verstanden und akzeptiert haben. Dann kehrt meist schon mehr Ruhe und Gelassenheit in den Familienalltag ein. Therapeuten erklären dann, wie Eltern ihre Kinder fördern und unterstützen können. Das gibt den Kindern das wertvolle Gefühl, angenommen zu werden und gleichzeitig nicht alleine zu sein.

 

Fotos: Gettyimages

ÜBER Kirsten Hemmerde

Kirsten kennt als Mama von zwei Jungs sowohl die schönen als auch die chaotischen Seiten des Familienlebens. Die gelernte Journalistin wohnt mit ihrer Familie im Ruhrgebiet, urlaubt gerne in Holland und genießt es, mit ihren Kindern in die bunte Welt aus Bausteinen, Büchern und Basteleien einzutauchen.

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