Dein Onlinemagazin rund um die Themen Kinderwunsch, Schwangerschaft, Baby, Kleinkind und Familie.

Filter

Kind stottert: Symptome, Ursachen und Therapie

Text: Kirsten Hemmerde
Etwa jedes 20. Kind stottert. Oft tritt diese Störung plötzlich zwischen dem zweiten und sechsten Lebensjahr auf. Hier erfährst du alles über die Hintergründe und auch über den idealen Umgang mit einem stotternden Kind.

Sagt der Sohn plötzlich „K-K-K-Kerze“ oder „P-P-P-P-Pizza„, werden Eltern hellhörig. Schnell vermuten sie, dass ihr Kind stottert. In der Tat können solche Schwierigkeiten beim Aussprechen auf Stottern hindeuten. Diese Störung im Sprechablauf ist weit verbreitet. Sie tritt bei etwa fünf Prozent aller Kinder auf.

Typische Stotter-Symptome

Wenn ein Kind stottert, sind diese Symptome möglich:

  • Es wiederholt unfreiwillig Silben oder Laute (Beispiel: W-W-W-W-Wiese).
  • Laute werden langgezogen und gedehnt (Beispiel: Meeeeeeeeeehl in diiiiiiiiiie Schüssel).
  • Das Sprechen ist kurzzeitig blockiert (Beispiel: der T [Sprechpause] Tornister).

Bei manchen Betroffenen treten alle drei dieser Stotter-Varianten auf, bei anderen nur ein oder zwei. Auch die Häufigkeit und Intensität ist unterschiedlich. Einige Kinder stottern verstärkt in bestimmten für sie stressigen Situationen – zum Beispiel bei Ärger oder Sprechen vor großen Gruppen.

Ursachen, warum das Kind stottert

Stottern ist eine Redeflussstörung. Sie hat nichts mit der Intelligenz oder der Erziehung des Betroffenen zu tun. Ein stotterndes Kind weiß genau, was es sagen will. Aber in der Stotter-Situation kann es die Wörter nicht korrekt aussprechen. Denn bei stotternden Personen ist die Sprech-Verarbeitung im Gehirn gestört. Der Bereich des Gehirns, der die Sprechmuskeln steuert, kann nicht richtig arbeiten. Daher kommen die Sprechinformationen fehlerhaft an und die Wörter werden nicht flüssig ausgeprochen. Die Hauptursache für diese neurologisch bedingte Störung liegt in einer vererbten Veranlagung.

Betroffene vermeiden oft bestimmte Wörter oder Situationen

Ein behutsamer und liebevoller Umgang ist wichtig, damit das stotternde Kind bestmöglich unterstützt wird. Denn schon kleine Jungen und Mädchen bekommen oft mit, dass sie anders sprechen als Eltern, Großeltern oder Kita-Freunde. Machen sie schlechte Erfahrungen mit der Reaktion ihrer Mitmenschen auf das Stottern, kann das folgendes Verhalten nach sich ziehen:

  • Kinder versuchen, Wörter zu vermeiden, die gestottert werden.
  • Stattdessen nutzen sie andere Wörter, Füllwörter oder stellen Sätze um.
  • Einige Kinder versuchen auch, sich Sprechsituationen zu entziehen und vermeiden Kontakte.
  • Beim Sprechen tritt körperliche Anspannung auf – zum Beispiel im Gesicht oder in der Haltung.

Diese Begleitumstände können stotternde Kinder belasten. Viele Jungen und Mädchen gehen auch locker und unbefangen mit ihrer Situation um. Wichtig ist hier das aufmunternde und geduldige Verhalten ihrer Umwelt.

So häufig tritt die Sprechstörung auf

Ein Kind stottert meist schon im Kleinkindalter:

  • Die Sprechstörung tritt erstmals meist zwischen zwei und sechs Jahren auf.
  • Jedes zwanzigste Kind ist davon betroffen – darunter sind mehr Jungen als Mädchen.
  • Bei 70 bis 80 Prozent der stotternden Mädchen und Jungs verschwindet die Störung von alleine wieder.

Beobachtungen zeigen: Je früher das Kind mit dem Stottern beginnt, desto eher legt sich das wieder.

Mein Kind stottert – wer stellt die Diagnose?

Eltern stehen daher oft vor der Frage, ab wann sie einen Arzt hinzuziehen sollten. Wenn dein Kind stottert, beobachte sein Sprechen zunächst aufmerksam. Es ist möglich, dass sich die Sprachstörung nach einigen Wochen von selbst legt. Merkst du jedoch, dass dein Schatz

  • über einen längeren Zeitraum stottert oder undeutlich spricht – Experten sprechen hier von circa drei Monaten -,
  • die Situationen zunehmen, in denen gestottert wird, oder
  • durch das Stottern belastet wird,

solltest du deinen Kinderarzt ansprechen. Er schaut, ob und wie dein Kind stottert und schließt andere körperliche Ursachen aus. Meist erhaltet ihr dann eine Überweisung zu einem Spezialisten für Sprachheilkunde. Diese Logopäden können dann schauen, welche Maßnahmen als Therapie geeignet sind. Mittlerweile gibt es auch ein Stotterscreening, mit dem die Sprachstörung schon routinemäßig im Kindesalter erkannt werden kann. Entwickelt wurde es in einem Projekt der Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe.

Therapiemöglichkeiten beim Stottern

Bei den meisten Kindern verschwindet das Stottern mit der Zeit. Bleibt es oder verfestigt es sich sogar, können mit einer Therapie gute Fortschritte erzielt werden. Damit sollte so früh wie möglich begonnen werden. Denn im Vorschulalter lässt sich Stottern noch besonders gut heilen. Die Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe empfiehlt für Kinder bis etwa sechs Jahren diese drei Therapieansätze:

  • Stottermodifikation: Ziel ist hier das flüssige Stottern. Die Sprechstörung wird nicht vermieden oder umgangen. Das Kind bekommt Techniken an die Hand, mit denen es besser auf sein Stottern reagieren und seinen Redefluss kontrollieren kann. Dieser Ansatz stärkt das Selbstbewusstsein der Betroffenen. Wenn das Kind stottert, weiß es nun, dass es diese Besonderheit kontrollieren und offen damit umgehen kann.
  • Flüssiges Sprechen verstärken: Diese Methode bindet Eltern aktiv ein. Als Mutter oder Vater lernst du, welche Sprechsituationen deinem Kind das flüssige Sprechen leichter machen. Ganz gezielt kannst du dann solche Anlässe schaffen. Du erfährst, wie du deinen Schatz für gelungenes Sprechen lobst und behutsam auf sein Stottern hinweist.
  • Indirektes Verfahren: Empfohlen wird dieser Ansatz für Kitakinder. Hier analysiert der Therapeut, in welchen Situtationen dein Kind stottert. Du lernst, dieses Umfeld anzupassen. So entstehen weniger Stotter-Umstände für dein Kind und damit auch weniger Sprechstörungen.

Für ältere Kinder und Erwachsene gibt es weitere, altersangepasste Behandlungsmethoden wie zum Beispiel das Fluency-Shaping. Dabei wird die Sprechweise verändert. Einige Krankenkassen integrieren auch Online-Kurse in ihr Therapie-Angebot. Hier lohnt es sich, einmal nachzufragen. Denn eine gelungene Stottertherapie kann entscheidend dazu beitragen, dass sich dein Kind wohler und angstfreier fühlt, selbstbewusster mit dem Stottern umgeht und wieder flüssiger kommuniziert.

So reagierst du richtig, wenn ein Kind stottert

Liebevolle Unterstützung, Verständnis und Geduld sind die besten Helfer. Wenn dein Kind stottert, hilfst du ihm vor allem, wenn du es ausreden lässt:

  • Bleibe durch deine Gestik und Mimik mit ihm in Verbindung. So signalisiert du, dass es dich interessiert, was dein Kind sagt.
  • Lass dein Kind aussprechen und gib ihm die Zeit, die es braucht. Bleibe dabei möglichst entspannt und vermeide Ratschläge an dein Kind.
  • So schaffst du eine eine ruhige und angenehme Sprechsituation. Das nimmt Druck von deinem Kind.
  • Zeige deinem Kind, dass es ok ist, wie es spricht. Damit förderst du sein Selbstbewusstsein.

Du darfst auch weitere Bezugspersonen in der Kita oder der Verwandschaft um einen entspannten Umgang mit dem Stottern bitten. Das hilft deinem Kind sehr.

Hier gibt es Hilfe

Unterstützung und Infomaterial für Eltern stotternder Kinder bietet die Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe an. Therapeuten in eurer Nähe findest du zum Beispiel beim Deutschen Bundesverband für Logopädie, der Interdisziplinären Vereinigung der Stottertherapeuten e.V. (ivs) oder dem Deutschen Bundesverband für akademische Sprachtherapie und Logopädie.
Bilder: Gettyimages

ÜBER Kirsten Hemmerde

Kirsten kennt als Mama von zwei Jungs sowohl die schönen als auch die chaotischen Seiten des Familienlebens. Die gelernte Journalistin wohnt mit ihrer Familie im Ruhrgebiet, urlaubt gerne in Holland und genießt es, mit ihren Kindern in die bunte Welt aus Bausteinen, Büchern und Basteleien einzutauchen.

mama&family newsletter

Von Kinderwunsch, über Schwangerschaft bis hin zum täglichen Familienleben - mit dem mama&family Newsletter verpasst du kein wichtiges Thema mehr. Alle zwei Wochen erwarten dich aktuelle Infos, hilfreiche Services und Expertentipps.

© mama&family 2024