Unerfüllter Kinderwunsch – das kannst du tun
Ungewollte Kinderlosigkeit kann viele Gründe haben
Kinderwunsch ist ein Thema, über das viel zu selten gesprochen wird. Dabei betrifft ungewollte Kinderlosigkeit immer mehr Paare. Experten schätzen, dass jedes sechste bis siebte Paar in Deutschland Probleme hat, ein Kind zu bekommen. Dafür gibt es viele Gründe. Das können Krankheiten sein, eine ungesunde Lebensweise oder auch seelische Ursachen. Hinzu kommt das Alter vieler Mütter. Immer mehr Frauen bekommen ihr erstes Kind, wenn sie über 30 Jahre alt sind. 2018 waren das 48 Prozent. Die Chance schwanger zu werden, sinkt aber mit zunehmenden Alter. Der Berufsverband der Frauenärzte weist darauf hin, dass die monatliche Fruchtbarkeitsrate bei Frauen zwischen 20 und 30 Jahren rund 25 Prozent beträgt. Bei Frauen über 35 Jahren sind es dagegen schon weniger als zehn Prozent. Dr. med. Christian Albring ist Präsident des Verbandes: „Ganz besonders intensiv müssen Paare diesen Tatsachen ins Auge sehen, bei denen irgendeine Form eines gesundheitlichen Risikos besteht wie zum Beispiel Über- oder Untergewicht, Bluthochdruck, Diabetes, eine Schilddrüsenerkrankung, eine Endometriose oder PCOS oder auch Zigarettenkonsum. Jeder einzelne dieser Faktoren verschlechtert die Chancen für eine geglückte Schwangerschaft zusätzlich. Gerade diese Paare sollten die Erfüllung des Kinderwunsches nicht so spät, sondern so früh wie möglich in die Lebensplanung integrieren.“ In rund 40 Prozent der Fälle liegt bei ungewollter Kinderlosigkeit eine biologische Störung bei einem Partner vor. Bei 20 Prozent der Paare sind es beide Partner. Seelische Ursachen machen 10 bis 15 Prozent der Fälle aus. Hinzu kommen zudem äußere Faktoren wie Lebenswandel, Übergewicht oder Stress. Aber es gibt Hilfe von vielen Seiten: Vom Frauenarzt und den Staat über Kinderwunschzentren bis hin zum Heilpraktiker und Mitteln aus dem Drogeriemarkt kannst du Unterstützung auf deinem Weg zum Wunschkind erhalten.
Zyklusbeobachtung hilft beim Kinderwunsch
Wenn du ein Kind haben möchtest, kann es zunächst helfen, deinen Zyklus genau zu beobachten. Denn das Zeitfenster, in dem du schwanger werden kannst, ist erstaunlich klein. Nach dem Eisprung kann die Eizelle nur rund einen Tag lang befruchtet werden. Die Spermien eines Mannes überleben länger – im Durchschnitt zwischen vier und sechs Tagen. Damit ist der Eisprung die beste Zeit, um Sex zu haben. Diesen Zeitpunkt kannst du ziemlich genau selbst bestimmen. Dabei hilft dir die Methode NFP Natürliche Familienplanung. Indem du einen Zykluskalender führst, deine Körpertemperatur misst oder auch den Zervixschleim prüfst, kommst du deinem Eisprung auf die Spur. Zusätzlich unterstützen können sogenannte Ovaluationstests, die es in der Drogerie gibt. Sie messen die Konzentration des LH-Hormons im Urin. Dieses Hormon löst den Eisprung aus.
Ab wann solltest du ärztlichen Rat einholen?
Du versuchst, seit einem Jahr oder länger schon schwanger zu werden? Oder dein unerfüllter Kinderwunsch belastet dich und deine Partnerschaft? Dann solltest du mit deinem Frauenarzt darüber sprechen. Er kann zunächst bei dir mögliche Ursachen abklären. Zu Beginn steht die Krankengeschichte. Gibt es bei dir oder in deiner Familie Vorerkrankungen? Wie oft hast du deinen Zyklus? Ist er regelmäßig? Mit Ultraschall- und Blutuntersuchungen kann im Rahmen eines Zyklusmonitorings der beste Zeitraum für eine Befruchtung ermittelt werden. Der Arzt hat auch die Möglichkeit, deine Hormone zu überprüfen. Werden hier Störungen festgestellt, helfen manchmal schon wenige Medikamente. Aufschluss geben kann zudem eine Untersuchung der Eierstöcke und Eileiter. Auch dein Partner sollte einen Termin beim Facharzt vereinbaren. Denn eine zu geringe Qualität der Spermien, Geschlechtskrankheiten oder Hormonstörungen sind bei Männern häufige Ursachen für Unfruchtbarkeit. Dein Frauenarzt hat auch die Möglichkeit, dich zu einem Spezialisten weiterzuvermitteln.
Baby dank Kinderwunschbehandlung
Schätzungsweise mehr als 6,5 Millionen Kinder wurden weltweit bislang nach einer künstlichen Befruchtung geboren. Ansprechpartner hierfür sind meist Kinderwunschzentren. Davon gibt es in Deutschland weit über 100 größere und kleinere Einrichtungen. Sie bieten vielfältige Behandlungsoptionen an.
Das beginnt mit der hormonellen Stimulation und der Ermittlung des optimalen Zeitpunkts für den Geschlechtsverkehr. Ist das Sperma deines Partners nicht optimal, kann es von Experten aufbereitet werden. Du erhältst es dann im Rahmen einer Insemination. Eine weitere Methode ist die In-Vitro-Fertilisation IVF. Dabei werden Eizellen und Samenzellen in einem Glasschälchen zusammengebracht. War die Befruchtung erfolgreich, werden dir ein oder mehrere Embryonen in die Gebärmutterhöhle übertragen. Bei der ICSI (Intracytoplasmatische Spermieninjektion) transportiert eine Nadel ein Spermium direkt in die Eizelle. Dieses Verfahren kommt vor allem bei einer schlechten Spermaqualität zum Einsatz.
Gibt es auch andere Möglichkeiten?
Wer heilt, hat Recht – sagen viele Mediziner. Neben der klassischen Kinderwunschbehandlung gibt es auch alternative Angebote. Da die Wirksamkeit hier oft nicht hinreichend bewiesen ist, übernehmen nicht alle Krankenkassen diese Leistungen. Nachfragen lohnt sich. Da wäre zum Beispiel die Akupunktur. Die Nadeln können helfen, dass du dich entspannst. Gleichzeitig können sie Köperfunktionen anregen und somit auch auf die Fortpflanzungsorgane wirken. Heilpraktiker, Ärzte oder weitere Experten behandeln so zum Beispiel Frauen, um den Zyklus zu regulieren oder auch, um die Einnistung zu unterstützen. Bei Männern wird Akupunktur angewandt, um die Qualität der Spermien zu steigern. Es gibt auch Frauen, denen spezielle Arzneien der chinesischen Medizin geholfen haben. Das sind Kombinationen aus Pflanzen, Mineralien und auch tierischen Produkten, die individuell auf die Patienten abgestimmt werden. Anbieter für Akupunktur und traditionelle chinesische Medizin findest du bei der Arbeitsgemeinschaft für klassische Akupunktur und Traditionelle Chinesische Medizin.
Was kosten Kinderwunschbehandlungen?
Schulmedizinische Behandlungen wie zum Beispiel das Zyklusmonitoring oder Voruntersuchungen beim Frauenarzt werden meist von der Krankenkasse übernommen. Kinderwunschbehandlungen schlagen schnell mit mehreren Tausend Euro zu Buche. Davon übernehmen die gesetzlichen und privaten Krankenkassen unterschiedlich hohe Anteile. Oft verbleiben für das behandelte Paar noch immer hohe Summen. Hierfür kannst du in einigen Bundesländern finanzielle Unterstützung beantragen. Denn gut die Hälfte aller Bundesländer ist der Initiative „Hilfe und Unterstützung bei ungewollter Kinderlosigkeit“ des Bundesfamilienministeriums beigetreten. Damit erhalten heterosexuelle Paare, die eine IVF- oder ICSI-Behandlung benötigen, im ersten bis vierten Behandlungszyklus einen Behandlungskostenzuschuss. Dieser umfasst bis zu 50 Prozent des verbleibenden Eigenanteils. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey: „Paare, die für die Erfüllung ihres Kinderwunsches auf medizinische Hilfe angewiesen sind, müssen viele körperliche und emotionale Herausforderungen meistern. Sie sollen deshalb nicht noch zusätzlich die hohen Kosten für die Kinderwunschbehandlungen alleine schultern. Jedes Paar, das Kinder will und auf natürlichem Wege keine bekommen kann, soll bei der Kinderwunschbehandlung vom Staat unterstützt werden. Ich wünsche mir, dass sich noch mehr Länder unserer Initiative anschließen, damit alle betroffenen Paare in Deutschland von den Kostenzuschüssen profitieren können.“ Informationen zu diesem Programm, zu den Bedingungen und zu der Bundesinitiative gibt es auf informationsportal-kinderwunsch.de.
Bilder: Gettyimages
Grafik: fertila