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Familie nach Trennung: Welche Betreuungsmodelle gibt es?

Text: Vanessa Stolz
Eine Trennung ist für Familien immer mit Trauer verbunden – besonders, wenn Kinder im Spiel sind. Wie du den Alltag deines Kindes nach einer Trennung oder Scheidung gestalten kannst, zeigen wir dir in unserem Artikel über die verschiedenen Betreuungsmodelle.

Wie geht es für Familien mit Kindern nach einer Trennung weiter?

Besonders für Kinder ist eine Trennung oft ein großer Schock. Doch eine Trennung oder eine Scheidung kann auch Chancen für die Familien mit sich bringen. Denn Kinder bekommen die Streitigkeiten von Mama und Papa nicht mehr täglich mit.

Deswegen ist es das Wichtigste, dass beide Elternteile nach einer Trennung oder Scheidung, unabhängig von den Konflikten untereinander, den Fokus auf das Wohl des Kindes legen. Seine Wünsche und Bedürfnisse sollten bei allen folgenden organisatorischen Entscheidungen vordergründig behandelt werden.

Als erstes sollte geklärt werden, wie und wo das Kind in Zukunft lebt. Im Optimalfall treffen beide Elternteile, Ex-Ehegatten oder Expartner diese Entscheidung gemeinsam. Hierfür gibt es auch Anlaufstellen und Anwälte, die eine Beratung und Hilfen anbieten.

Umgangsrecht und Sorgerecht nach einer Trennung oder Scheidung

Eltern, die vor einer Trennung das gemeinsame Sorgerecht für ein Kind hatten, behalten dieses auch nach einer Trennung oder Scheidung. Sorgeberechtigt sind in der Regel die Eltern der Kinder. Verheiratete Eltern teilen sich das Sorgerecht des Kindes automatisch. Andernfalls können die Eltern gegenüber dem Jugendamt die geteilte elterliche Sorge für das Kind bestimmen. Grundsätzlich können aber auch andere Personen das Sorgerecht für ein Kind erhalten.

Ganz unabhängig von dem Sorgerecht steht jedem Vater, jeder Mutter und jedem zuvor Sorgeberechtigten das Recht auf Umgang mit dem Kind auch nach einer Trennung zu. Der Unterschied zwischen dem Umgangsrecht und dem Sorgerecht ist, dass das Sorgerecht sich auf die Pflege und die Versorgung von dem Kind bezieht. Das Umgangsrecht bestimmt hingegen allgemein das Recht, regelmäßigen Kontakt zueinander zuhaben.

Wie der Umgang und der Alltag mit dem Kind geregelt werden, hängt von dem gewählten Betreuungsmodell der Umgangsregelung ab. Dementsprechend wird auch bestimmt, welcher der Elternteile inwiefern verpflichtet ist, den Unterhalt zu zahlen.

Diese Betreuungsmodelle gibt es

Residenzmodell

Bei dem Residenzmodell lebt das Kind nach der Trennung oder Scheidung der Eltern vorwiegend bei einem Elternteil. Mutter oder Vater betreuen es primär allein im eigenen Haushalt. In den meisten Fällen handelt es sich hierbei um die Mutter des Kindes. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass der Vater diese Rolle übernimmt.

In jedem Fall hat jener Elternteil, bei dem sich das Kind nicht für gewöhnlich aufhält, sofern dem keine zwingenden Gründe entgegenstehen (z. B. Missbrauch, Misshandlung etc.), ein zeitlich stark begrenztes Umgangsrecht bzw. sogar eine Umgangspflicht.

Das heißt, jener Elternteil sieht das Kind nur zu vereinbarten Zeiten. Bei Babys und Kleinkindern handelt es sich hierbei größtenteils nur um ein paar Stunden. Deswegen werden hier die Abstände zwischen den Terminen größtenteils kurzgehalten.

Bei älteren Kindern und Jugendlichen können die Umgangstermine auch deutlich länger sein, so kann das Kind seinen Vater oder seine Mutter für ein ganzes Wochenende besuchen.

Beim Residenzmodell erfüllt der betreuende Elternteil seine Unterhaltspflicht allein dadurch, dass er oder sie das Kind in der eigenen Wohnung betreut, es ernährt und erzieht. Der nicht betreuende Elternteil ist daher verpflichtet, den Kindesunterhalt zu bezahlen.

Das sind die Vorteile des Residenzmodells:

Die Umsetzung ist relativ unkompliziert für die Eltern. Besonders, wenn die beiden Elternteile nicht mehr sonderlich gut miteinander auskommen. Denn dieses Betreuungsmodell erfordert weniger Kommunikation der beiden Elternteile. Zusätzlich vermittelt es dem Kind eine gewisse Stabilität, da es einen Ort als sein ständiges Zuhause ansieht.

Folgende Nachteile bringt das Residenzmodell mit sich:

Durch den geringen Kontakt zu einem der Elternteile nach der Trennung kann dieses Modell der Kinderbetreuung besonders für Trennungskinder Nachteile mit sich bringen, vorausgesetzt das Kind hatte zuvor eine intakte Bindung und harmonische Beziehung zu dem nur umgangsberechtigten Elternteil. Einerseits kann es dadurch sein, dass der andere Elternteil dem Kind im Alltag schlichtweg fehlt. Für Kinder ist es prinzipiell immer schöner, wenn beide Elternteile sich in die tägliche Erziehung einbringen. Andererseits kann es passieren, dass es zu einer mangelnden Bindung kommt und sich Kinder und der jeweilige umgangsberechtigte Elternteil entfremden.

Wechselmodell

Wenn beide Eltern das Kind nach der Trennung gleichermaßen betreuen, spricht man von dem Wechselmodell, Doppelresidenzmodell oder dem Pendelmodell. Hierbei lebt das Kind in zeitlich abwechselnden, gleich langen Abständen in den jeweiligen Haushalten der Elternteile. Oftmals geschieht dies in einem Monatsrhythmus, einem Zwei-Wochen-Rhythmus oder einem Wochenrhythmus.

In diesem Zusammenhang geht es nicht um den Wechsel des Sorgerechts oder dessen Unterkategorie Aufenthaltsbestimmungsrecht zwischen den Eltern. Stattdessen teilen sich die Eltern dies auf Dauer.
Die exakte Umsetzung des Wechselmodells gestaltet sich jedoch häufig schwierig, deswegen spricht man mittlerweile von einem echten (paritätischen) Wechselmodell und einem unechten Wechselmodell.

Paritätisches Wechselmodell

Bei dem echten (paritätischen) Wechselmodell liegt eine 50/50-Teilung oder annähernde Aufteilung von 45 zu 55 Prozent vor. Hierbei müssen sich beide Elternteile den Kindesunterhalt gegenseitig zahlen. Bei einer exakten 50/50-Aufteilung der Zeit müssen aber nicht beide einfach die Hälfte zahlen: Wie hoch der Barunterhalt der Elternteile ist, hängt maßgeblich von dem jeweiligen Einkommen ab. Verdient ein Elternteil weniger als der andere, so sinkt sein Barunterhalt unter 50 Prozent. Der andere Elternteil muss hingegen mehr als 50 Prozent zahlen. Die gegenseitig gezahlten Beträge werden am Ende miteinander verrechnet.

„Unechtes“ Wechselmodell

Bei dem unechten Wechselmodell weichen Betreuungszeiten allerdings stärker davon ab. Das Kind verbringt hier bei einem Elternteil zwar mehr Zeit, als bei dem anderen, lebt aber dennoch in regelmäßigen Abständen mal bei dem einen, mal bei dem anderen. Bei einem Wechselmodell, das einen Umgang nicht exakt ausgleicht, sondern ein Ungleichgewicht schafft, wird in aller Regel nach dem Residenzmodell entschieden, sodass der überwiegend betreuende Elternteil gegenüber dem anderen trotz Wechselmodell einseitig Kindesunterhalt einfordern kann. Hierbei kann er dann das hälftige Kindergeld auf seinen Unterhaltsteil anrechnen.

Diese Vorteile hat das Wechselmodell:

Dieses Modell kommt dem Lebensalltag einer intakten Familie am nächsten. Die Kinder sehen die beiden Elternteile regelmäßig und können so zu beiden eine starke Bindung aufbauen. Auch für die Elternteile bringt es Vorteile mit sich: Besonders in Zeiten, in denen die klassischen Rollenbilder aufgehoben sind und auch Frauen ihrer Karriere nachgehen, können beide Elternteile berufstätig sein und sich die Aufgabe der Kindererziehung teilen. Die Voraussetzung dafür ist jedoch, dass beide Elternteile noch sich noch so gut verständigen können, dass die abwechselnde Betreuung zuverlässig organisiert wird.

Die Nachteile des Wechselmodells sind Folgende:

Falls zwischen beiden Elternteilen eine zu schlechte Stimmung herrscht, die es nicht erlaubt, dieses Konzept organisiert und harmonisch umzusetzen, kann dies besonders für das Kind zum Nachteil sein.

Nestmodell

Bei diesem Betreuungsmodell verbleibt das Kind nach der Scheidung oder Trennung in der elterlichen Wohnung, in der es aufgewachsen ist. Die Eltern wechseln sich ab, das Kind in genau dieser Wohnung zu betreuen und zu erziehen. In der Zeit, in der der jeweils andere Elternteil an der Reihe ist, unterhalten sowohl Vater als auch Mutter meist andere Wohnungen. Von der Art der Betreuung ähnelt das Nestmodell stark dem Wechselmodell.

In Bezug auf den Unterhalt müssen beide Elternteile gemeinsam für die Finanzierung des Nestmodells aufkommen. Wie hoch die individuelle Beteiligung ist, hängt vom monatlichen Einkommen ab. Verdient ein Elternteil deutlich mehr, muss er anteilig einen größeren Teil des Nestmodells finanzieren.

So sehen die Vorteile des Nestmodells aus:

Bei diesem Betreuungsmodell liegt der Vorteil darin, dass das Kind in seiner gewohnten Umgebung bleibt, ohne regelmäßiges Pendeln auf sich nehmen zu müssen. So können sie auch weiterhin die denselben Kindergarten oder dieselbe Schule besuchen und die Freundschaften zu Nachbarskindern pflegen. Sinnvoll ist das Nestmodell auch dann, wenn die Familie bis zur Trennung in einem Eigenheim gelebt hat und dieses aus verschiedenen Gründen (noch) nicht verkauft oder vermietet hat. Dann können sie dieses weiterhin nutzen. Mieten die Partner gemeinsam eine Zweitwohnung an, hält sich der finanzielle Aufwand im Rahmen. Denn auch wenn Kosten für die zusätzliche Wohnung hinzutreten, bleiben diese im unteren Bereich. Meist reicht ein kleines Appartement als privater Lebensraum. Ähnlich wie bei dem Wechselmodell kann das Kind auch eine ausgeglichene Bindung zu beiden Elternteilen pflegen.

Das sind die Nachteile des Nestmodells:

Dieses Betreuungsmodell ist kaum kompatibel mit Säuglingen. Der Organisationsaufwand für eine optimale Versorgung des Säuglings ist dann größer bzw. sogar gar nicht möglich, wenn das Kind noch gestillt wird. Ebenso problematisch wird es, wenn die Eltern noch nicht oder nicht mehr kooperieren können und wollen. Das Nestmodell erfordert nämlich besonders intensive Absprachen und Planungen. Wenn die Erziehungsstile der Eltern stark voneinander abweichen, müssen sich die Kinder regelmäßig auf neue Regeln einstellen.
Falls kein Eigenheim vorhanden ist und die Elternteile keine gemeinsame Wohnung unterhalten wollen, ist dieses Betreuungsmodell sehr kostenintensiv. Hierbei wirkt das Leben auch nicht authentisch für das Kind, da die Eltern immer nur zu Besuch kommen.

Welches ist das richtige Betreuungsmodell?

Auf die Frage, welches Betreuungsmodell nach einer Trennung, das richtige ist, gibt es leider keine allgemeingültige Antwort. Denn die individuellen Situationen der Familien nach der Trennung sind für die Umsetzbarkeit eines Betreuungsmodells entscheidend. Das Leitmotiv bei der Wahl des passenden Betreuungsmodells sollte für dich und deinen Ex-Partner natürlich immer das Kindeswohl sein.

Aktuell wählen die meisten Eltern tatsächlich noch das Residenzmodell. Doch auch das Wechselmodell wird immer beliebter, da es für Eltern und auch für Kinder viele Vorteile mit sich bringt. Die traditionellen Geschlechterrollen werden hiermit überwunden und das Kind kann an dem authentischen Alltag seines Vaters und seiner Mutter in den jeweiligen Haushalten teilnehmen. Das Nestmodell wird hingegen mittlerweile nur noch selten von Eltern gewählt.

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