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Nabelschnurblut aufbewahren – sinnvoll oder nicht?

Text: Kirsten Hemmerde
Nabelschnurblut enthält viele wertvolle Stammzellen, die zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt werden können. Hier erfährst du, ob es sinnvoll ist, das Blut nach der Geburt aufzubewahren oder zu spenden.

Ob in den Nachrichten, der Werbung oder in Infobroschüren: An vielen Stellen wird auf die gesundheitlichen Vorteile von Nabelschurblut hingewiesen. In nahezu der Hälfte aller Geburtskliniken in Deutschland ist es möglich, dieses spezielle Blut nach der Geburt zu spenden. Einige Unternehmen bieten auch die Aufbewahrung des Blutes an, damit es später genutzt werden kann. Doch wie sinnvoll ist das und was ist dafür zu tun?

Was ist Nabelschnurblut?

Bis zur Geburt haben Plazenta und Nabelschnur dein Baby versorgt. Darüber waren eure beiden Blutkreisläufe miteinander verbunden. Nach der Entbindung braucht dein Kind die Nabelschnur nicht mehr. Denn nun atmet es selbstständig und erhält Milch als Nahrung. Nach der Abnabelung verbleibt noch etwas Blut in der Nabelschnur und in der Plazenta. Dieses Nabelschnurblut können Ärzte oder Hebammen entnehmen. Bislang geschieht das noch recht selten. Nach Auskunft der internationalen gemeinnützigen Organisation DKMS, die auch Stammzellspenden vermittelt, wird bei über 97 Prozent aller Geburten in Deutschland das Nabelschnurblut ungenutzt entsorgt.

Warum ist es so wertvoll?

Nabelschnurblut enhält viele Stammzellen. Diese Zellen sind sehr wertvoll, denn sie sind unglaublich flexibel. Stammzellen haben die Fähigkeit, sich zu vielen verschiedenen Arten von Zellen zu entwickeln. Theoretisch können sie zu jeder Gewebe- oder Zellart unseres Körpers werden. Sie vermehren sich schnell und werden verwendet, um die kranken Stammzellen von Patienten zu ersetzen. Das ist bei rund 70 verschiedenen Erkrankungen möglich. Besonders häufig kommen Stammzellen aus Nabelschnurblut bei der Behandlung von Blutkrankheiten wie Leukämie zum Einsatz. Aber auch für genetische Erkrankungen und Stoffwechselerkrankungen ist die Verwendung möglich. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Körper des Empfängers diese Stammzellen nicht so häufig abstößt. Denn weil die Zellen noch sehr jung sind, greifen sie andere Zellen – zum Beispiel die des Empfängers – nicht so stark an.

Wie wird das Nabelschnurblut gewonnen?

Im Gegensatz zu einer normalen Blutspende oder auch einer Knochenmarkspende läuft die Gewinnung von Nabelschnurblut besonders einfach und risikoarm für Mutter und Kind ab:

  • Direkt nach der Abnabelung entnehmen Hebamme oder Arzt das Blut aus der Nabelschnur. Das Kind merkt davon nichts, da es nicht mehr mit Plazenta oder Nabelschnur verbunden ist.
  • Die Mengen sind geringer als bei einer Blutspende: Meist fließen zwischen 60 und 200 Milliliter Nabelschnurblut in den Plastikbeutel.
  • Ein spezieller Anbieter oder eine Nabelschnurblutbank prüfen die Probe, konservieren sie und lagern sie – meist in flüssigem Stickstoff bei minus 135 Grad.

Wer das Nabelschnurblut weiterverwenden möchte, sollte sich bereits vor der Geburt umschauen und informieren. Grundsätzlich gibt es die Möglichkeiten, das Blut zu spenden oder als private Vorsorge bei einem kommerziellen Anbieter aufzubewahren. Während die Einlagerung bei einer privaten Bank in über rund 95 Prozent aller Geburtskliniken erfolgen kann, ist eine Blutspende aus Finanzierungsgründen bei weniger als der Hälfte aller Kliniken möglich. Möchtest du das Nabelschnurblut über eine Organisation wie zum Beispiel die DKMS spenden, gibt es dafür einige ausgewählte Kliniken, mit denen die Institutionen zusammenarbeiten.

Ist eine private Nabelschnurblutbank für mich eine Option?

Einige private Unternehmen bieten an, das Nabelschnurblut aufzubewahren. Bis zur Volljährigkeit deines Kindes entscheidest du, ob und für wen die darin enthaltenen Stammzellen eingesetzt werden. So könnten dann beispielsweise dein Kind, ein Geschwisterkind  oder auch nahe Verwandte behandelt werden. Eine solche Aufbewahrung kostet meist zwischen 1.900 und 3.000 Euro für 18 Jahre. Viele Eltern möchten ihrem Kind die Chance auf Heilung bieten – auch wenn bei der Geburt noch gar nicht feststeht, ob das Baby wirklich erkrankt ist. So verständlich dieser Wunsch ist, folgende Punkte solltet ihr bei der Entscheidung bedenken:

  • Medizinisch ist es bislang nicht bewiesen, dass eigene Stammzellen bei einer Erkrankung besser helfen als die eines fremden Spenders. Hierzu laufen aber viele Forschungen.
  • Allerdings kann die Verwendung eigener Stammzellen dazu führen, dass die ursprüngliche Erkrankung wieder auftritt. Das gilt zum Beispiel für Blutkrebs.
  • Sollte dein Kind als Erwachsener eine Stammzellbehandlung benötigen, kann es sein, dass die Menge aus dem Nabelschnurblut zu gering ist. Sie reicht meist zur Behandlung eines Kindes aus.

Die deutsche Arbeitsgemeinschaft für Knochenmark- und Blutstammzelltransplantation rät aus wirtschaftlichen, medizinischen und logistischen Gründen von der vorbeugenden Aufbewahrung von Stammzellen aus Nabelschnurblut ab. Eine Ausnahme sehen die Experten bei Familien mit besonderer Krankheitsbelastung oder bereits erkrankten Geschwistern. Zählt ihr zu dieser Gruppe, lasst euch am besten von Ärzten für Klinische Genetik oder auch Stammzeltransplantation beraten.

Wie funktioniert eine Nabelschnurblut-Spende?

Eine Nabelschnurblutspende ist für dich kostenlos – schließlich gibst du ja auch etwas besonders Wertvolles ab. In ausgewählten Geburtskliniken entnimmt das Personal das Blut aus der Nabelschnur. Es wird ebenfalls geprüft, typisiert und aufbereitet. Die Lagerung bei extremen Minustemperaturen erfolgt in einer öffentlichen Nabelschnurblutbank. Anschließend fließen die Typisierungs-Informationen an das Zentrale Knochenmarkspender-Register Deutschland, das in Ulm sitzt. Wenn ein Patient eine Spende mit bestimmten Merkmalen benötigt, suchen die Experten nach dem passenden Match. Wenn es die Probe mit eurem Nabelschnurblut ist, wird diese aufgetaut und zur Behandlung eingesetzt.

Eine weitere Möglichkeit ist die Kombination aus privater Vorsorge mit Spendeoption. Dabei wird das Nabelschnurblut bei einem privaten Anbieter aufbewahrt, der Spendenanfragen von außerhalb erhalten kann. Dann entscheidest du, ob du das eingelagerte Blut freigibst. In einem solchen Fall erhältst du meist das bereits gezahlte Geld erstattet.

ÜBER Kirsten Hemmerde

Kirsten kennt als Mama von zwei Jungs sowohl die schönen als auch die chaotischen Seiten des Familienlebens. Die gelernte Journalistin wohnt mit ihrer Familie im Ruhrgebiet, urlaubt gerne in Holland und genießt es, mit ihren Kindern in die bunte Welt aus Bausteinen, Büchern und Basteleien einzutauchen.

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