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Frühgeburt – Risiken, Behandlung und Präventions-Tipps

Text: Julia Weise-Holtgräwe
Bei einer Frühgeburt kommt das Kind vor der 37. Schwangerschaftswoche zur Welt. Hier erfährst du die häufigsten Gründe und wie die Medizin heute Frühchen und Extrem-Frühgeborenen helfen kann. Bei rund einem Drittel aller Fälle ist es zudem möglich, das Risiko für eine Frühgeburt zu senken.

Jedes zehnte in Deutschland geborene Kind ist ein Frühchen. Prof. Dr. Dominique Singer, Ärztlicher Leiter der Sektion Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin des Universitätsklinikums HamburgEppendorf (UKE), erläutert, wann Mediziner von einer Frühgeburt sprechen: „Eine Schwangerschaft dauert normalerweise 40 Schwangerschaftswochen, wobei nur die wenigsten Babys exakt zum errechneten Geburtstermin zur Welt kommen. Die Babys, die vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche geboren werden, werden als Frühgeborene bezeichnet.“ Es gibt drei Gruppen von Frühchen:

  • Bei Kindern, die nach der 36. Schwangerschaftswoche zur Welt kommen oder die unter 2.500 Gramm wiegen, spricht man von mäßig früh Frühgeborenen.
  • Babys mit einem Geburtsgewicht von unter 1.500 Gramm oder einem Geburtstermin nach der abgeschlossenen 30. Schwangerschaftswoche werden als sehr frühe Frühchen bezeichnet.
  • Extrem Frühgeborene sind Babys, die noch eher zur Welt kommen oder unter 1.000 Gramm wiegen.

Grundsätzlich gilt: Je später ein Kind zur Welt kommt, desto besser sind seine gesundheitlichen Chancen. Andererseits gibt es oft medizinische Gründe für eine Geburt weit vor dem errechneten Termin. Ärzte wägen hier sorgfältig ab.

Bild: Pexels

Das sind die häufigsten Gründe für eine Frühgeburt

Meist kommen mehrere Faktoren zusammen, die eine Frühgeburt auslösen oder eine Einleitung der Geburt notwendig machen. Die Risiken dafür können sowohl bei der Mutter als auch bei dem Kind liegen. Eine häufige mütterliche Ursache sind Infektionen. Beispielsweise können eine unbehandelte Blasenentzündung oder Scheideninfektion zu vorzeitige Wehen führen. Auch Bluthochdruck, Schwangerschaftsdiabetes oder eine Schwangerschaftsvergiftung (Präeklampsie) zählen zu oft vorkommenden Gründen einer Frühgeburt. Weitere Risiko-Faktoren sind eine Plazenta-Insuffizienz, Fehlbildungen der Gebärmutter, Stress oder eine Mehrlingsschwangerschaft. Zudem können Rauchen und Alkohol eine Frühgeburt begünstigen. Viele Frühchen haben außerdem besonders junge Mütter unter 20 Jahren oder über 35 Jahre alte Mütter. Jedoch kann auch das Kind selbst eine Frühgeburt verursachen. Hier wird von einer intrauterinen Wachstumsrestriktion gesprochen. „Das bedeutet, dass das Ungeborene im Mutterleib nicht ausreichend versorgt wird und daher zu früh auf die Welt geholt werden muss“, erläutert Prof. Singer.

Welche Risiken bestehen bei einem zu früh geborenen Kind?

Unmittelbar nach der Geburt, aber auch noch Monate und Jahre später kann eine Frühgeburt Auswirkungen auf das Kind haben. Hier einige der häufigsten Risiken:

  • Körpertemperatur: Ein zu früh geborenes Baby ist noch nicht in der Lage, seinen Temperaturhaushalt selbst zu regulieren. Daher kann es leicht unterkühlen oder auch überhitzen.
  • Flüssigkeitshaushalt: Über Haut und Nieren verlieren diese Babys meist besonders viel Flüssigkeit und damit auch lebenswichtige Nährstoffe.
  • Atmung: Die Lunge ist noch nicht ausgereift. Deshalb können Frühgeborene vielfach noch nicht selbstständig Luft holen.
  • Hirnblutung: Frühgeborene haben meist ein unterentwickeltes Herz-Kreislauf-System und damit auch nicht vollständig arbeitende Blutgefäße. Aus diesem Grund treten oft Hirnblutungen auf, die Folgeerkrankungen nach sich ziehen können.
  • Ernährung: Meist sind die Babys zu schwach, um selbst zu trinken. Daher erhalten sie ihre Nahrung oft über eine Sonde.
  • Immunsystem: Für Frühchen besteht ein erhöhtes Infektionsrisiko. Auch im Kindesalter haben sie oft häufiger mit Krankheiten zu kämpfen.
  • Entwicklungsverzögerung: Kinder haben nach einer Frühgeburt ein deutlich höheres Risiko für leichte und mittlere Entwicklungsstörungen. Beispielsweise treten, bis sie zwei Jahre alt sind, öfter Störungen der Grobmotorik und der allgemeinen physiologischen Entwicklung auf. Im sechsten und siebten Lebensjahr stellen Mediziner vor allem Störungen der Feinmotorik und der Sprachentwicklung fest.
Direkter Hautkontakt ist bei Frühchen besonders wichtig. | Foto: Getty

Wie werden zu früh geborene Babys behandelt?

Die Medizin hat in den letzten Jahrzehnten große Fortschritte bei der Versorgung von Frühgeborenen gemacht. Dabei gilt die 24. Schwangerschaftswoche als magische Grenze. Denn ab diesem Zeitpunkt bestehen für Frühchen gute Überlebenschancen. Daher werden diese Neugeborenen meist intensivmedizinisch behandelt. Dazu gehört eine rasche Verlegung in den Brutkasten. Denn diese Umgebung schützt das Baby und fördert seine Gesundheit. Beispielsweise herrschen hier angenehm warme Temperaturen sowie ideale Werte für Luftfeuchtigkeit und Sauerstoff. Im Brutkasten selbst erhält das Kind auch benötigte Medikamente und Nährstoffe. Oft ist eine Behandlung erforderlich, weil der Körper noch nicht ausreichend entwickelt ist. Denn je nach Schwangerschaftswoche sind Atmung, Augen, Haut, Versorgungstrakt oder das zentrale Nervensystem noch unreif. Daher erhalten Ungeborene bei einer drohenden Frühgeburt oft bereits im Mutterleib Kortison. Dieses Mittel lässt die Lungen reifen und kann Atemprobleme verhindern. Ansonsten unterstützen Ärzte nach der Geburt die Atmung mit Sauerstoff.

Kann ich einer Frühgeburt vorbeugen?

Zwei Drittel aller Frühgeburten sind auf Gründe zurückzuführen, die weder Mutter noch Mediziner beeinflussen können. Bei schätzungsweise einem Drittel wäre es jedoch möglich, das Risiko zu senken. Ganz besonders deutlich zeigte das die Corona-Pandemie. Stress gilt als einer der Hauptfaktoren für Frühgeburten. Als aufgrund von Lockdown und Beschränkungen weniger Termine und Aktivitäten möglich waren, verzeichnete beispielsweise die Techniker Krankenkasse bei ihren Versicherten zehn Prozent weniger Frühgeburten. Daher empfehlen Mediziner werdenden Müttern, öfter mal eine Pause einzulegen, sich zu entspannen und Stress zu reduzieren. Ebenfalls verzichten sollten Schwangere auf Nikotin. Ein weiterer Risikofaktor für eine Frühgeburt ist Übergewicht. Darüber hinaus können Infektionen eine Geburt vorzeitig auslösen. Daher untersuchen Frauenärzte in der Schwangerschaft den pH-Wert der Scheide. Frauen können das auch selbst mit einem speziellen Handschuh oder Teststreifen machen. Da ein verkürzter Gebärmutterhals ebenfalls das Risiko für eine Frühgeburt erhöht, kontrollieren Gynäkologen seine Länge per Ultraschall.

Tipps bei Risiko-Schwangerschaften

Bei einer Frühgeburt ist jeder Tag mehr im Mutterleib besonders wichtig. Daher versuchen Mediziner gemeinsam mit der werdenden Mutter alles, die Geburt so lange wie möglich heraus zu zögern. Ist der Gebärmutterhals verkürzt, können der Muttermund verschlossen und das schwangerschaftserhaltende Hormon Progesteron gegeben werden. Treten frühzeitige Wehen auf, helfen oft Bettruhe und medikamentös verabreichte Wehenhemmer. Bei einem vorzeitigen Blasensprung können Antibiotika vor Infektionen schützen und dabei helfen, noch etwas Zeit bis zur Geburt zu gewinnen. Zudem unterstützen spezialisierte Krankenhäuser bei einer Frühgeburt. Kliniken mit einem Perinatalzentrum des Levels 1 sind auch auf sehr frühe Frühgeburten vor der 29. Schwangerschaftswoche oder mit einem Gewicht unter 1.250 Gramm ausgerichtet. Für Babys mit einem geschätzten Geburtsgewicht zwischen 1.250 bis 1.500 Gramm oder einem Geburtstermin zwischen den Schwangerschaftswochen 29+0 bis 31+6 kommen auch Perinatalzentren mit dem Level 2 in Frage. Hier findest du eine Übersicht aller Perinatalzentren in Deutschland.

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