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IPEX-Syndrom: Alles über die seltene Autoimmunerkrankung

Text: Kirsten Hemmerde
Bei dem IPEX-Syndrom funktioniert die körpereigene Immunabwehr nicht richtig. Erfahre hier alles über die seltene und schwere Autoimmunerkrankung, die vor allem Jungen betrifft.

Weltweit gibt es viele Krankheiten, die nahezu unbekannt sind. Denn es leiden nur vergleichsweise wenige Menschen darunter und die Heilungsmöglichkeiten sind begrenzt. Zu diesen seltenen Erkrankungen gehört auch das IPEX-Syndrom. Es machte in Deutschland Schlagzeilen, weil der Sohn der beiden Influencer Mandy Brobeck und Oskar Ogorkiewicz daran litt. Weltweit gibt es nur ein paar hundert Patienten, die meisten davon sind männlich.

Was ist das IPEX-Syndrom?

Das IPEX-Syndrom ist eine Autoimmunerkrankung. Darunter versteht man eine Fehlsteuerung des Immunsystems. Denn es greift seinen eigenen Körper an und zerstört Zellen und Organe. Bei IPEX fehlt dem Körper ein wichtiger Eiweißstoff. Dadurch kann er die T-Helferzellen nicht richtig produzieren. Diese Zellen schützen aber davor, dass das Immunsystem das Gewebe angreift. Da diese Zellen fehlen, kommt es zu schweren Entzündungen. Schon die Buchstaben IPEX machen die Merkmale dieser Krankheit deutlich:

  • Immundysregulation: Das Immunsystem funktioniert nicht richtig.
  • Polyendokrinopathie: Mehrere endokrine Düsen, die für die Bildung von Hormonen verantwortlich sind, arbeiten nicht richtig.
  • Enteropathie: Schwere Darmerkrankung, da das körpereigene Abwehrsystem den Darm angreift.
  • X-chromosomal: Das IPEX-Syndrom ist eine genetische Erkrankung. Das defekte Gen befindet sich auf dem X-Chromosom.

Wie äußert sich diese Erkrankung?

Da das IPEX-Syndrom zahlreiche lebenswichtige Körperfunktionen beeinträchtigt, leiden Betroffene an heftigen Krankheiten. Typische Symptome von IPEX sind:

  • Diabetes Mellitus Typ 1
  • stark anhaltender chronischer Durchfall, der zu Gedeih- und Entwicklungsstörungen führen kann
  • Entzündung der Schilddrüse
  • Ekzeme auf der Haut
  • Anämie, hierbei gibt es zu wenig rote Blutkörperchen
  • stark vergrößerte Lymphknoten, Gaumen- und Rachenmandeln und Milz
  • immer wiederkehrende Infektionen
  • Lebensmittelallergien

Die verschiedenen Symptome können unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Je nach Schwere der Erkrankung kommen noch weitere Begleiterscheinungen wie Entzündungen der Lunge, der Leber (Hepatitis), der Niere oder der Muskeln hinzu.

Wer erkrankt an IPEX und wer überträgt die Krankheit?

Das IPEX-Syndrom ist eine Erbkrankheit. Damit sie weitergegeben wird, müssen beide Elternteile diesen Gendefekt haben – auch wenn sie daran nicht erkrankt sind. IPEX wird rezessiv auf dem X-Chromosom vererbt. Aus diesem Grund betrifft die Erkrankung nahezu ausschließlich Jungen. Denn Männer besitzen nur ein X-Chromosom. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein männliches Baby diese Erkrankung erbt, liegt bei 50 Prozent. Wie gesagt aber nur dann, wenn beide Elternteile diesen Gendefekt besitzen. Um dein Baby brauchst du dir in der Regel keine Sorgen zu machen. Denn das Risiko für diese Krankheit ist verschwindend gering. Weltweit sind lediglich um die 200 Fälle bekannt.

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Wie wird das IPEX-Syndrom diagnostiziert?

Meist deuten schon in den ersten Lebensmonaten oder sogar -wochen einige Anzeichen auf das IPEX-Syndrom hin. Denn bereits Neugeborene leiden an Durchfall, nehmen schlecht oder kaum zu und haben Ekzeme. Oft wird daher das Blut auf typische Merkmale von Autoimmunerkrankungen wie zum Beispiel Diabetes oder Enteropathie analysiert, sodass weitere Hinweise auf IPEX vorliegen. Eine molekulargenetische Untersuchung bestätigt schließlich das Ergebnis. Sie stellt die Veränderung in der DNA fest.

Wie hoch sind die Überlebenschancen?

Die vielfältigen Begleiterscheinungen des IPEX-Syndroms sind eine starke Belastung für den kindlichen Körper. Wird die Krankheit nicht behandelt, sterben deshalb die meisten Kinder innerhalb der ersten zwei Lebensjahre.

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es beim IPEX-Syndrom?

Momentan gibt es noch keine Medikamente, mit denen das IPEX-Syndrom geheilt werden kann. Verfügbare Arzneimittel behandeln einzelne Begleiterkrankungen wie Diabetes, die Schilddrüsenfehlfunktion oder die Hautprobleme. Die einzige zur Zeit verfügbare erfolgreiche Therapie ist eine Stammzell-Transplantation. Je früher sie durchgeführt wird, umso erfolgreicher ist sie und desto größere Heilungschancen bestehen. Sie verlängert das Leben der Kinder deutlich. Auch die meisten Begleiterkrankungen verschwinden oder verbessern sich zumindest. In der Erprobung sind jedoch weitere Therapiemöglichkeiten, die auf gentechnischen Methoden fußen.

Prävention und Unterstützung

Die Schwangerschaft mit IPEX-betroffenen Kindern verläuft meistens unkompliziert. Daher wird die Erkrankung erst nach der Geburt festgestellt. Besteht in der Familie der Verdacht, dass jemand Überträger des IPEX-Syndroms sein kann

  • gibt es die Möglichkeit einer genetischen Untersuchung. So wissen die Partner schon im Vorfeld, wie hoch das Risiko einer Vererbung ist.
  • Sie können sich dann mit Experten für Präimplantationsdiagnostik in Verbindung setzen.
  • Denn bei besonders schweren Fällen – wie es beispielsweise das IPEX-Syndrom ist – dürfen unter Umständen per Kinderwunschbehandlung entstandene Embryonen auf diese Krankheit untersucht werden. Nähere Informationen gibt es bei den Zentren für Präimplantationsdiagnostik.

Wichtig in diesem Prozess ist auch immer eine entsprechende psychologische Beratung. Denn wenn bereits ein IPEX-erkranktes Geschwisterkind geboren wurde oder das Wissen um diese Erkrankung sehr präsent ist, wirkt das oft sehr belastend. Unterstützung gibt es auch bei Selbsthilfegruppen für seltene Erkrankungen.

ÜBER Kirsten Hemmerde

Kirsten kennt als Mama von zwei Jungs sowohl die schönen als auch die chaotischen Seiten des Familienlebens. Die gelernte Journalistin wohnt mit ihrer Familie im Ruhrgebiet, urlaubt gerne in Holland und genießt es, mit ihren Kindern in die bunte Welt aus Bausteinen, Büchern und Basteleien einzutauchen.

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