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Geburtsverletzungen – Entstehung, Heilung und Vorbeugung

Text: Julia Weise-Holtgräwe
Du leistest während der Geburt etwas sehr Großes, dass dir und deinem Körper viel abverlangt und Spuren hinterlassen kann. Geburtsverletzungen können im gesamten Geburtsbereich auftreten. In unserem Ratgeber erfährst du, wie Geburtsverletzungen entstehen, wie du sie im Wochenbett behutsam heilen und wie du Geburtsverletzungen vorbeugen kannst.

Verletzungen während der vaginalen Geburt

Bei einer vaginalen Geburt können Verletzungen im gesamten Geburtsbereich auftreten. Dein Baby durchläuft während der Geburt verschiedene „Stationen“ deines Körpers und kann überall dort, wo es hindurch muss, auch Geburtsverletzungen entstehen lassen. Betroffen sind der Damm, die Vagina, die Schamlippen und die Klitoris, die Beckenmuskulatur, der Schließmuskel und der Muttermund.

Wundgefühl durch winzige Faserrisse

Das Wundgefühl durch winzige Faserrisse tritt bei den meisten Frauen auf. Die Symptome klingen in der Regel in den Tagen nach der Geburt wieder ab. Vagina und Damm werden während des Geburtsvorganges stark gedehnt und belastet. Diese Dehnung verursacht die winzigen Faserrisse. Manche Frauen spüren sie kaum, andere wieder vergleichen sie mit einem starken Muskelkater.

Blutergüsse (Hämatome) nach der Geburt

Blutergüsse (Hämatome) im Vaginalbereich entstehen ebenfalls durch die starke Dehnung. Manchmal sind die Blutergüsse sichtbar, manchmal machen sie sich nur durch leichte bis mittelstarke Schmerzen im Sitzen, Laufen oder während des Toilettengangs bemerkbar. Auch die Blutergüsse klingen meist nach ein paar Tagen wieder ab.

Rissverletzungen im gesamten Geburtsbereich

Rissverletzungen können im gesamten Geburtsbereich auftreten. Rein theoretisch können diese kleinen Geburtsverletzungen im Bereich der Schamlippen, der Klitoris, des Muttermundes, des Schließmuskels des Enddarms auftreten und bis in die tieferliegende Beckenmuskulatur reichen. Am bekanntesten und gefürchtetsten ist der Dammriss, der als die am häufigsten auftretende Geburtsverletzung ist. Der Dammriss wird in vier Schweregrade unterteilt. Der Dammriss des Schweregrads 3 und 4 tritt nur selten auf.

Dammriss Schweregrad 1

Der Dammriss mit Schweregrad 1 bezeichnet oberflächliche Risse der Vaginalhaut und / oder Dammhaut. Sind die Risse größer, werden sie unter lokaler Betäubung mit einer kleinen Naht geschlossen. In der Regel heilt der Dammriss mit Schweregrad 1 ohne Komplikationen und von allein.

Dammriss Schweregrad 2

Der Dammriss mit Schweregrad 2 bezeichnet Verletzungen der oberflächlichen Dammmuskulatur und oberflächliche Risse der Vaginal- und / oder Dammhaut. Diese Verletzungen werden unter lokaler Betäubung genäht und die Wundheilung verläuft in der Regel ohne Komplikationen.

Dammriss Schweregrad 3

Der Dammriss mit Schweregrad 3 bezeichnet das teilweise oder vollständige Reißen des Schließmuskels. Auch diese Geburtsverletzung wird unter lokaler Betäubung genäht. In selten Fällen kann auch eine Vollnarkose notwendig werden.

Dammriss Schweregrad 4

Der Dammriss mit Schwergrad 4 bezeichnet Verletzungen am Schließmuskel und das Einreißen der Darmschleimhaut. Die Verletzungen werden in der Regel unter Vollnarkose durch einen Allgemeinchirurgen genäht. In Ausnahmefällen kann es bei dieser Geburtsverletzung zu Folgekomplikationen kommen. Möglich sind Infektionen, Stuhlinkontinenzen oder Schmerzen beim Geschlechtsverkehr.

Unterschied zwischen Dammriss und Dammschnitt

Auch der Dammschnitt (Episiotomie) zählt zu den Geburtsverletzungen, wird aber kontrolliert ausgeführt, um andere Geburtsverletzungen zu vermeiden. Bei einem Dammschnitt wird rechts seitlich am After vorbei eingeschnitten. Meist wird der Dammschnitt während einer Presswehe ausgeführt. Der Dammschnitt kann den Geburtsvorgang beschleunigen und das Einreißen der Dammschleimhaut (Dammriss Schweregrad 4) vermeiden.

Der Dammschnitt ist heute umstritten. Experten sagen, dass ein Dammschnitt die Wahrscheinlichkeit für Dammrisse und Scheidenrisse nicht senke und in vielen Fällen vermeidbar sei. Viele Frauen empfinden zudem die Heilung des Dammschnittes sehr viel unangenehmer als bei einem Dammriss.

Dennoch kann ein Dammschnitt in manchen Fällen notwendig werden, zum Beispiel, wenn der Geburtsvorgang beschleunigt werden muss, weil eine Unterversorgung des Babys droht.

Heilung von Geburtsverletzungen

Wie werden Geburtsverletzungen versorgt?

Direkt nach der Geburt werden deine Frauenärztin / dein Frauenarzt oder deine Hebamme / dein Geburtspfleger den Geburtsbereich untersuchen und nachschauen, ob eine medizinische Versorgung notwendig ist.

Kleine Risse und Schürfwunden heilen in der Regel nach ein paar Tagen von allein ab. Blutungen und nicht aufeinanderliegende Wundränder können unter Umständen mit einer kleinen Naht behandelt werden, um die Wundheilung zu fördern. Meist wird direkt nach der Geburt, noch im Kreißsaal unter Betäubung genäht, sodass du gar nicht viel spüren wirst. Hältst du dein Baby in den Armen, wirst du vieles um dich herum ohnehin nicht wirklich wahrnehmen.

Während des Wochenbetts kontrolliert dann deine Hebamme / dein Geburtspfleger den Heilungsfortschritt und wird dir mitteilen, ob die Geburtsverletzung behandelt werden muss.

Schmerzen Geburtsverletzungen stark?

Die Beurteilung, ob Schmerzen stark sind, fällt schwer, denn jeder Mensch hat ein individuelles Schmerzempfinden. Empfindest du deine Schmerzen als stark, sprich mit deiner Hebamme / deinem Geburtspfleger darüber und überlegt, ob die Einnahme von Schmerzmitteln sinnvoll ist. Du kannst auch mit deiner Frauenärztin / deinem Frauenarzt darüber sprechen.

Leidest du unter länger anhaltenden Schmerzen, Blutungen, Schwellungen oder anderen Symptomen, sprich bitte unbedingt mit deiner Frauenärztin / deinem Frauenarzt.

So kannst du den Heilungsverlauf unterstützen

Geburtsverletzungen entstehen in einem feuchten und warmen Bereich. Nicht die besten Voraussetzungen für eine schnelle Wundheilung, aber du kannst deinen Heilungsverlauf aktiv unterstützen und so fördern.

Sauber und trocken

Du kannst den wunden Bereich mehrmals am Tag mit warmem Wasser abspülen und anschließend mit einem weichen Tuch vorsichtig und sorgfältig trocknen. Manche Frauen leiden in den ersten Tagen nach der Geburt unter einem Brennen während des Wasserlassens. Du kannst während des Wasserlassens einen kleinen Becher zwischen deinen Beinen entlanglaufen lassen. Das Wasser verdünnt den Urin und es brennt weniger.

Trägst du aufgrund des Wochenflusses Einlagen, solltest du diese regelmäßig wechseln. Vermeide ein feucht-warmes Klima und wechsle lieber einmal mehr. Noch besser wirkt frische Luft auf die Wundheilung. Lege dir eine Unterlage in dein Bett und lege dich immer mal wieder ohne Unterwäsche auf dein Bett.

Reduziere Belastung

Der Begriff Wochenbett stammt noch aus der Zeit, als Frauen nach der Geburt für einige Wochen im Bett liegenblieben. Gar nicht so verkehrt, wird aber heute immer weniger ernst genommen. Doch das Wochenbett hat einen Sinn, denn du kannst deine Wundheilung beschleunigen, wenn du dich so wenig wie möglich belastest. Liege und sitze so oft wie möglich. Vermeide langes Stehen, Laufen und schweres Tragen. Lege dir ein weiches Kissen oder einen Sitzring auf den Stuhl. Das schont deinen Wundbereich.

Kühlen und Pflegen

Du kannst deinen Dammbereich vorsichtig kühlen. Das lindert Schmerzen und nimmt ein wenig von dem Druckgefühl, das du möglicherweise nach der Geburt empfindest. Auch Sitzbäder sind sehr wohltuend. Verwende Kamille, Lavendel oder ein anderes entzündungshemmendes ätherisches Öl für dein Sitzbad. Das Wasser darf nicht mehr als 37 Grad Celsius warm sein. Versuche die 10-15 Minuten des Sitzbades zu genießen. Sie sind nicht nur wohltuend für deine Wunde, sondern auch eine kleine Auszeit und ein paar Minuten nur für dich. Frage auch gerne deine Hebamme / deinen Geburtspfleger nach weiteren Tipps.

Können Geburtsverletzungen Folgen haben?

In den meisten Fällen haben Geburtsverletzungen keine Folgen. Sie verheilen bei guter Nachsorge ohne Probleme. In wenigen Fällen kann es zu Infektionen kommen, die ärztlich behandelt werden müssen. Du kannst selbst vorsorgen und bei postnatalem Sex vorsichtig sein. Während der Zeit des Wochenbettes besteht eine erhöhte Infektionsgefahr. Verwende am besten ein Kondom. Hebammen und Geburtspfleger empfehlen eine Wartezeit von sechs Wochen nach der Geburt.

Du kannst Geburtsverletzungen vorbeugen

Eine Geburt ist nicht zwangsläufig mit Geburtsverletzungen verbunden. Du kannst dir selbst etwas Gutes tun und vorbeugen. Das bedeutet nicht, dass du garantiert keine Geburtsverletzung haben wirst, aber die Wahrscheinlichkeit sinkt.

Wir empfehlen dir unseren Ratgeber zum Thema „Dammmassage“, die deinen Damm sehr gut auf die Geburt vorbereitet. Die Dammmassage lässt dein Gewebe weicher werden und kann einem Dammriss vorbeugen.

Sprich vor der Geburt mit deiner Hebamme / deinem Geburtspfleger über die Geburtsposition. Die klassische Geburtsposition, bei der die Frau auf dem Rücken liegt und die Beine anwinkelt, beansprucht den Damm am höchsten. Eine Alternative ist der Vierfüßlerstand. Auch der Seitenstand kann das Risiko von Geburtsverletzungen verringern.

Sei unbesorgt, zusätzlich wird deine Hebamme / dein Geburtspfleger während der Geburt dich bestens unterstützen und versuchen Verletzungen im Geburtsbereich zu vermeiden.

Wir wünschen dir alles erdenklich Gute für die Geburt deines Kindes.

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