Dreimonatskoliken – keine Blähungen, sondern Anpassungsstörung?

Eigentlich sollten die ersten Wochen und Monate mit einem Neugeborenen eine friedliche und schöne Zeit sein, oder? Doch vielleicht kennst du das: Dein Baby schreit über Stunden hinweg und scheint sich einfach nicht beruhigen zu lassen. Damit bist du nicht alleine. Rund jedes vierte Baby leidet in den ersten Lebensmonaten unter starkem, oft unerklärlichem Schreien. Viele Eltern, die solch eine Situation erleben, stellen sich irgendwann die Frage: Hat mein Kind vielleicht Dreimonatskoliken?
Symptome von Dreimonatskoliken
Dreimonatskoliken – das ist das unaufhörliche Schreien, das Eltern an ihre Grenzen bringen kann. Es fängt meist in der zweiten bis dritten Lebenswoche an und kann sich bis zum dritten oder vierten Monat ziehen. Dein Baby schreit dabei häufig mehr als drei Stunden am Tag, an mindestens drei Tagen pro Woche, und das über Wochen hinweg.
Besonders nachmittags und abends setzen die Schreiattacken ein und ziehen sich oft stundenlang hin. Für dich als Elternteil kann das extrem belastend sein – Schlafmangel, Stress und Hilflosigkeit machen sich breit.
Neben dem Schreien zeigen betroffene Babys meist auch diese Symptome:
- Das Baby zieht die Beine an und macht den Rücken krumm.
- Es ballt die Fäustchen und wirkt sehr angespannt.
- Trotz all deiner Bemühungen, das Baby zu beruhigen, hört es nicht auf zu weinen.
Darum sind Dreimonatskoliken mehr als „nur“ Blähungen
Die typischen Symptome von Dreimonatskoliken sind Schreien und Bauchweh. Viele Eltern hören das Gluckern im Magen ihres Kindes und spüren den angespannten Baby-Bauch. Daher wurde lange Zeit gedacht, dass Dreimonatskoliken einfach nur durch Blähungen oder Bauchschmerzen entstehen. Tatsächlich steckt viel mehr dahinter!
Dein Baby kämpft in den ersten Monaten mit einer großen Herausforderung: Es muss sich an die neue Welt da draußen gewöhnen. Sein Verdauungssystem ist noch unreif und das Nervensystem extrem sensibel. All die neuen Reize, Geräusche und Eindrücke prasseln auf es ein und überfordern es manchmal völlig. Sein vermeintliches Schreien ohne Grund ist oft das Ergebnis einer regelrechten Reizüberflutung – dein Baby weiß einfach noch nicht, wie es damit umgehen soll.
Welche Ursachen stecken dahinter?
Wusstest du, dass Babys eigentlich noch länger im Bauch bleiben müssten? Sie kommen ziemlich unfertig zur Welt, viele Körperfunktionen sind noch nicht ausgereift. Der Grund, warum sie trotzdem früher geboren werden, hat mit der Gesundheit der Mutter zu tun. US-Forscher fanden heraus: Ihr Stoffwechsel kann nur für einen begrenzten Zeitraum sich selbst und den Körper des Babys ausreichend versorgen.
Das bedeutet: Dein Baby ist in vielerlei Hinsicht noch mitten in der Entwicklung, wenn es das Licht der Welt erblickt. Diese Unreife spielt auch bei den Dreimonatskoliken eine große Rolle. Forscher vermuten, dass verschiedene Faktoren zusammenkommen, die dein Baby so quälen:
- Unreifes Verdauungssystem: Dein Baby muss erst lernen, Nahrung zu verdauen. Ob Muttermilch oder Fläschchen – der Magen-Darm-Trakt ist noch nicht voll entwickelt. Das kann zu Blähungen führen, die sich sehr unangenehm anfühlen.
- Überreizung: Stell dir vor, du kommst aus dem kuscheligen, gedämpften Bauch deiner Mama und wirst plötzlich mit einer Flut an Geräuschen, Licht und Berührungen überrollt. Das ist genau das, was dein Baby erlebt. Diese Reizüberflutung kann schnell zu einem Punkt führen, an dem dein Baby einfach nicht mehr weiß, wie es damit umgehen soll – das Resultat ist oft lautes, verzweifeltes Schreien.
- Unreifes Nervensystem: Nicht nur das Verdauungssystem, auch das Nervensystem ist noch mitten in der Entwicklung. Manche Babys sind deshalb besonders empfindlich und reagieren auf all die neuen Eindrücke und Stress mit Schreikrämpfen, weil sie schlichtweg überfordert sind.
Du siehst: Dein Baby kämpft in den ersten Lebensmonaten hart daran, sich an die neue Welt anzupassen – und manchmal ist das einfach zu viel für den kleinen Körper.
Kinderarzt und Hebamme sind deine ersten Ansprechpersonen
Wenn du den Verdacht hast, dass dein Baby unter Dreimonatskoliken leidet, ist das zunächst einmal eine echte Herausforderung. Suche dir am besten rasch Unterstützung, um diese Situation für dein Baby und dich besser in den Griff zu kriegen.
Falls dein Baby über längere Zeit stark schreit, führt der erste Weg immer zur Kinderärztin. So kann sichergestellt werden, dass keine gesundheitlichen Probleme wie z.B. eine Nahrungsmittelunverträglichkeit, Reflux oder andere medizinische Ursachen hinter dem Schreien stecken. Dein Arzt kann außerdem Tipps zur Linderung geben und dich beruhigen.
Auch Hebammen sind wahre Expertinnen, wenn es um Schreibabys geht. Sie haben viele praktische Tipps parat, wie du dein Baby in dieser Phase unterstützen kannst. Ob es um das richtige Stillen, die Flaschennahrung oder Beruhigungstechniken geht – deine Hebamme kann dir wertvolle Unterstützung bieten.
5 Erste Hilfe Tipps bei Dreimonatskoliken
Es gibt einige Dinge, die du tun kannst, um deinem Baby (und dir selbst) zu helfen. Hier sind ein paar Schritte, die viele Eltern im Umgang mit Dreimonatskoliken unterstützen:
- Tagesabläufe anpassen: Babys, die an Dreimonatskoliken leiden, brauchen besonders viel Ruhe und Struktur. Versuche, den Alltag deines Babys so ruhig und gleichmäßig wie möglich zu gestalten. Rituale wie ein regelmäßiger Tagesablauf mit festen Fütterungs- und Schlafenszeiten können deinem Baby helfen, sich besser zu entspannen.
- Nähe: Babys lieben es, ganz nah bei dir zu sein. Das Tragen in einem Tragetuch oder einer Tragehilfe gibt deinem Baby nicht nur ein Gefühl der Geborgenheit, sondern hilft auch, Koliken durch die aufrechte Position zu lindern.
- Das Füttern optimieren: Achte darauf, dass dein Baby in einer möglichst aufrechten Position gefüttert wird, egal ob beim Stillen oder mit der Flasche. So kann es weniger Luft schlucken. Das kann Blähungen und Koliken reduzieren. Wenn du stillst, könntest du auch deine Ernährung mit deiner Hebamme oder deinem Arzt besprechen, um eventuelle Nahrungsmittelunverträglichkeiten auszuschließen.
- Bauchmassage: Mit sanften kreisenden Bewegungen um den Bauchnabel herum kannst du den Verdauungsprozess anregen und Blähungen lindern. Ein warmes Kirschkernkissen auf dem Bauch kann zusätzlich wohltuend wirken.
- Fliegergriff: Dieser spezielle Griff kann Blähungen lindern und sorgt oft dafür, dass sich Babys wohler fühlen. Dabei legst du dein Baby bäuchlings auf deinen Unterarm, sodass der Kopf auf deinem Ellbogen ruht. Das sanfte Wiegen und der leichte Druck auf den Bauch wirken oft beruhigend. Mehr darüber erfährst du in unserem Beitrag Fliegergriff – Trageposition und Geheimwaffe für dein Baby.
Selbstfürsorge: Auch du bist wichtig!
Es ist absolut verständlich, wenn du dich in dieser Phase erschöpft und hilflos fühlst. Dein Baby ständig weinen zu sehen, ohne es beruhigen zu können, zehrt an den Nerven. Doch denke daran: Du leistest großartige Arbeit, und dein Baby schreit nicht, weil du etwas falsch machst! Dein Baby benötigt einfach etwas mehr Zeit, um sich an die neue Welt anzupassen.
Wichtig ist, dass du dir selbst auch Auszeiten gönnst. Falls möglich, lass dich von deinem Partner, deiner Familie oder Freunden unterstützen. Ein kleines Nickerchen, eine kurze Pause zum Durchatmen oder einfach ein paar Minuten für dich selbst können wahre Wunder wirken. Es ist in Ordnung, um Hilfe zu bitten – niemand muss das alles alleine schaffen.
Es gibt auch spezialisierte Anlaufstellen, die dir weiterhelfen können.Das sind die sogenannten Schreiambulanzen – Einrichtungen von Verbänden, Praxen, Kliniken und Beratungsstellen. Hier findest du Schreiambulanzen in deiner Nähe.