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Belohnungssysteme – helfen sie Kindern wirklich?

Text: Kirsten Hemmerde
Sticker, Sternchen, Gummibärchen – diese kleinen Helfer sollen dein Kind motivieren. Wie funktionieren solche Belohnungssysteme und können sie nachhaltige Motivation schaffen?

Es ist Morgen und dein Kind hat keine Lust, die Zähne zu putzen. Du sagst: „Wenn du dir jetzt und heute Abend die Zähne putzt, bekommst du einen Sticker auf dein Zahnputzposter.“ Das Poster hängt gut sichtbar im Badezimmer und bei zehn Stickern winkt ein gemeinsamer Ausflug ins Schwimmbad. Schon greift dein Kind zur Zahnbürste und legt los. Andere Eltern machen gute Erfahrungen mit Motivation bei den Hausaufgaben: Bei fünf gesammelten Punkten winkt eine Runde Lieblingskartenspiel mit Mama oder Papa. Solche Situationen zeigen, wie Belohnungssysteme im Alltag aussehen können – motivierend, aber mit klaren Regeln.

Was sind Belohnungssysteme?

Belohnungssysteme fördern gewünschtes Verhalten. Je nach Art der Anerkennung gibt es verschiedene Ansätze:

  1. Symbolische Belohnungen: Sticker oder Punkte zeigen Kindern gut sichtbar, dass ihre Leistungen gesehen und anerkannt werden. Das macht sie stolz. Dein Kind könnte für jede erledigte Aufgabe einen Stern bekommen, der am Ende gegen eine größere Belohnung eingetauscht werden kann. Viele Lern-Apps arbeiten mit dieser Form der Belohnungssysteme. Für Zuhause kannst du dir Poster oder Bilder ausdrucken, auf der dein Kind Sticker oder Punkte sammeln kann.
  2. Materielle Belohnungen: Mit Dingen wie Spielzeug, Süßigkeiten oder anderen kleinen Geschenken können Kinder motiviert werden. Denn diese Belohnungen sind sofort greifbar. Oft gibt es zum Beispiel beim Arzt eine Box, aus der sich Kinder nach erfolgreicher Untersuchung oder Behandlung ein kleines Spielzeug aussuchen dürfen.
  3. Soziale Belohnungen: Ein ehrliches und passgenaues Lob vermittelt Kindern das Gefühl, geschätzt und geliebt zu werden. Auch gemeinsame Zeit, ein Kuschelabend auf der Couch oder eine extralange Gute-Nacht-Geschichte können ermutigend wirken.
  4. Aktivierende Belohnungen: Spannende Aktivitäten wie ein Ausflug ins Freie oder ein Kino-Besuch stehen bei Kindern hoch im Kurs. Beispielsweise könnte dein Schatz nach einer erfolgreichen Woche mit einem Ausflug zum Spielplatz belohnt werden. Das ist ein Ansporn, auch in Zukunft engagiert zu bleiben.

Schnell wirksam: die Vorteile von Belohnungssystemen

Das Ziel der Belohnungssysteme ist klar: Dein Kind soll ein Verhalten wiederholen oder eine Aufgabe erledigen. Ob Sticker, eine kleine Nascherei oder ein Lese-Abend – diese Anerkennungen bieten klare Anreize und motivieren dein Kind, die gewünschten Punkte zu erreichen. Das sind die Vorteile der Belohnungssysteme:

  • Schnelle Erfolge: Verhalten lässt sich kurzfristig und schnell fördern.
  • Klare Orientierung: Dein Kind versteht besser, welches Verhalten erwünscht ist.
  • Selbstbewusstsein stärken: Lob oder kleine Geschenke zeigen, dass die Bemühungen deines Kindes wahrgenommen werden.
  • Durchhalten in schweren Phasen: Belohnungen können dein Kind motivieren, nicht aufzugeben.

Gegen die eigene Motivation?

Belohnungssysteme bieten kurzfristige Vorteile, allerdings warten langfristig einige Herausforderungen. Denn häufige Belohnungen können negative Auswirkungen auf das Verhalten und die Motivation deines Kindes haben. Um zu verstehen, warum das so ist, hilft ein Blick auf unser Motivationsverhalten. Es gibt zwei Arten, wie sich Menschen motivieren:

  • Intrinsische Motivation: Dein Kind handelt aus eigenem Antrieb – weil die Sache Spaß macht oder sinnvoll ist. Zum Beispiel malt es ein Bild, weil es gerne malt.
  • Extrinsische Motivation: Hier macht dein Kind etwas, um eine Belohnung zu bekommen oder eine Strafe zu vermeiden. Etwa, wenn es Hausaufgaben macht, um einen Sticker zu erhalten.

Belohnungssysteme setzen oft auf extrinsische Motivation. Das funktioniert kurzfristig, kann aber die innere Motivation verdrängen. Warum sich anstrengen, wenn keine Belohnung winkt?

Das sind die Nachteile der Belohnungssysteme

Belohnungssysteme fördern oft die Motivation, die von außen kommt. Dabei besteht die Möglichkeit, dass Kinder nicht mehr handeln, weil sie wirklich interessiert sind. Sondern sie erledigen die Aufgabe nur noch um der Anerkennung halber. Wegen des Stickers beispielsweise oder weil sie den neuesten Kinofilm schauen möchten. Dadurch verlieren sie das Interesse an der Aufgabe selbst. Sie lernen nicht, sich aus eigenem Antrieb zu engagieren oder Freude an etwas zu haben. Daher sind bei Belohnungssystemen diese Nachteile möglich:

  • Abhängigkeit: Dein Kind erwartet für alles eine Belohnung. Bleibt diese Anerkennung aus, schwindet die Motivation.
  • Weniger Neugier: Studien zeigen, dass die Freude an einer Aufgabe sinkt, wenn Belohnungen im Spiel sind.
  • Mangel an Eigeninitiative: Dein Kind handelt nur für Belohnungen, nicht aus Überzeugung.
  • Angst vor Herausforderungen: Kinder vermeiden Aufgaben, die keine sichere Belohnung versprechen.
  • Stress durch Druck: Manche Kinder fühlen sich unter Druck gesetzt, eine Belohnung zu erreichen.
  • Kurzfristige Wirkung: Fällt die Belohnung weg, verschwindet oft auch das Verhalten.

Tipps für ein gutes Belohnungssystem

Soll ich Belohnungssysteme überhaupt einsetzen? Diese Frage ist nicht ganz einfach zu beantworten. Einerseits gibt es durchaus berechtigte Bedenken, dass Belohnungen Kinder von der eigentlichen Aufgabe ablenken. Andererseits können Belohnungssysteme, wenn sie richtig eingesetzt werden, tatsächlich eine positive Wirkung haben. Sie können Kinder motivieren, Aufgaben zu erledigen und zu manifestieren. Der Schlüssel liegt in der richtigen Balance und der Art der Belohnung. Ein gut durchdachtes Belohnungssystem kann also durchaus sinnvoll sein, wenn es mit Bedacht und in Maßen eingesetzt wird. Mit diesen Tipps kann es gelingen:

  1. Setze erreichbare Ziele: Formuliere klar, was du fördern willst. Beispiel: „Jeden Abend Zähneputzen gibt einen Sticker.“
  2. Fortschritt sichtbar machen: Nutze ein Poster oder eine Tafel, um die Erfolge zu dokumentieren.
  3. Altersgerechte Belohnungen: Kleine Kinder freuen sich über Sticker, Ältere über einen gemeinsamen Ausflug.
  4. Anstrengung loben, nicht nur Ergebnisse: Hebe die Mühe deines Kindes hervor, nicht nur den Erfolg. Beispiel: „Das hast du toll versucht!“
  5. Belohnung und Lob kombinieren: Ein ehrliches „Gut gemacht!“ verstärkt die Wirkung.
  6. Gemeinsame Zeit schenken: Statt Spielzeug oder Süßigkeiten belohne mit einem besonderen Erlebnis, z. B. einem Schwimmbadbesuch.
  7. Bleib konsequent: Halte dich an die Regeln und zeige deinem Kind, dass du das System ernst nimmst.

Diese Alternativen kannst du nutzen

Es gibt verschiedene Alternativen zu klassischen Belohnungssystemen, die ebenfalls helfen können, dein Kind zu motivieren. Eine Möglichkeit sind natürliche Konsequenzen. Dein Kind lernt durch die Folgen seines Handelns: Wenn es z.B. das Spielzeug nicht wegräumt, findet es später nichts wieder. Du kannst dein Kind auch in Entscheidungen einbeziehen, damit es sich verantwortlich fühlt. Wenn du selbst Aufgaben mit Freude erledigst, wird dein Kind dies oft nachahmen. Positive Routinen helfen ebenfalls, die Notwendigkeit von Belohnungen zu verringern. Regelmäßige Abläufe schaffen Sicherheit und Struktur, sodass dein Kind auch ohne äußere Anreize motiviert bleibt.

ÜBER Kirsten Hemmerde

Kirsten kennt als Mama von zwei Jungs sowohl die schönen als auch die chaotischen Seiten des Familienlebens. Die gelernte Journalistin wohnt mit ihrer Familie im Ruhrgebiet, urlaubt gerne in Holland und genießt es, mit ihren Kindern in die bunte Welt aus Bausteinen, Büchern und Basteleien einzutauchen.

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